VDL Groep im ersten Halbjahr nach Corona-Einbruch 2020 auf dem Weg der Erholung
Nachdem die VDL Groep 2020 schwer von den Folgen der Coronapandemie getroffen wurde, zeichnet sich im ersten Halbjahr 2021 wieder eine Erholung ab. Umsatz und Ergebnis des industriellen Familienunternehmens mit Hauptsitz im niederländischen Eindhoven entwickelten sich im Vergleich zu 2020 wieder positiv. Hinter 2019 blieben die Zahlen jedoch noch zurück. Auch die zweite Jahreshälfte 2021 wird noch große Herausforderungen mit sich bringen, beispielsweise hinsichtlich der Lieferbarkeit von Werkstoffen.
Nach den ersten sechs Monaten 2021 belief sich der kombinierte Umsatz auf 2,5 Milliarden Euro, was im Vergleich zu den 2,0 Milliarden Euro im selben Vorjahreszeitraum einem Anstieg von 26 Prozent entspricht. Vor der Coronakrise, nach dem ersten Halbjahr 2019, hatte VDL noch einen kombinierten Umsatz von 2,9 Milliarden Euro – 16 Prozent über dem aktuellen Stand – erwirtschaftet. Das Nettoergebnis steigerte sich nach den ersten beiden Quartalen 2021 von 25 Millionen Euro im Vorjahr auf 69 Millionen Euro jetzt (2019: 76 Millionen Euro). Der Auftragsbestand der VDL Groep (ohne Geschäftsbereich Automontage) stieg von 1.365 Millionen Euro in Woche 1/2021 auf 1.631 Millionen Euro in Woche 37 an. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich seit Ende 2020 (15.464) auf 15.505.
Vertrauen
„Dank unserer Strategie der Risikostreuung durch Diversifizierung unserer Aktivitäten zeichnet sich nun, nach dem Coronajahr 2020, eine Erholung ab“, berichtet Vorstandsvorsitzender Willem van der Leegte. „Das schafft Vertrauen. Dennoch stehen wir durch die Folgen der Coronakrise, weltweite Handelskonflikte und wirtschaftliche und konjunkturelle Entwicklungen wie eine hohe Inflationsrate und niedrige Zinsen vor enormen Herausforderungen. So müssen wir aufgrund unsteter Zulieferketten mit einer begrenzten Lieferbarkeit von Werkstoffen und Baugruppen rechnen. Diese Entwicklungen gehen mit Schwankungen der Materialpreise einher. Das sind Umstände, die die Manövrierfähigkeit unserer Betriebe schwer auf die Probe stellen.“
Zulieferungen
Der Geschäftsbereich Zulieferungen verzeichnete im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 einen Umsatzanstieg von 703 Millionen auf 885 Millionen Euro. Dieser Anstieg um 26 % ist vor allem der Tatsache zu verdanken, dass die VDL-Betriebe, die in der Hightech-Branche tätig sind, sehr gut auf wachsende Kundenzahlen vorbereitet sind. Die Fokussierung auf hochwertige Innovationen in den vergangenen Jahren hat diese Position noch gefestigt. Der Geschäftsbereich Zulieferungen wirtschaftet gewinnbringend.
Automontage
Der Umsatz von VDL Nedcar belief sich nach zwei Quartalen auf 1.125 Millionen Euro, was gegenüber den 903 Millionen im selben Vorjahreszeitraum einem Anstieg von 25 Prozent entspricht. VDL Nedcar schloss das erste Halbjahr gewinnbringend ab.
Während die weltweite Nachfrage nach Neufahrzeugen infolge der Coronakrise zunächst sank, musste die Produktion bei VDL Nedcar in Born aufgrund eines Mangels an elektronischen Baugruppen im ersten Halbjahr an mehreren Tagen notgedrungen stillgelegt werden. Mit allen Beteiligten werden konstruktive Gespräche über die Möglichkeiten der Aufholung dieses Produktionsausfalls geführt.
Mit der Akquisition des neuen Auftraggebers Canoo hat VDL Nedcar einen wichtigen ersten Schritt zur Sicherung seiner Kontinuität auf längere Sicht unternommen. 2022 und 2023 wird VDL Nedcar für dieses amerikanische Start-up mindestens 16.000 Fahrzeuge bauen. Es wurde die Absicht erklärt, dass der Auftragsumfang je nach Entwicklung der Marktnachfrage in den darauffolgenden Jahren noch steigen soll.
VDL Nedcar ist bestrebt, zeitgleich mehrere Auftraggeber zu bedienen. Momentan werden mit Interessenten Gespräche geführt. Angestrebt wird die Herstellung von Fahrzeugen für sowohl Start-ups als auch etablierte Unternehmen, die lokale Montage von Akkupaketen und die Ausweitung der Aktivitäten in der Wertschöpfungskette, beispielsweise um Prototyping, Homologation und Sales und Aftersales, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Partnern. Der Bau vollständig elektrischer Fahrzeuge bei VDL Nedcar entspricht voll und ganz dem breiten Nutzenversprechen der VDL Groep auf dem Gebiet der Mobilität.
Busse
Der Geschäftsbereich Busse verzeichnete einen Umsatzanstieg um 28 Prozent: von 146 Millionen (ein historischer Tiefstand) vor einem Jahr auf 187 Millionen Euro. Dieser Geschäftsbereich erwirtschaftete einen Verlust. Die Coronapandemie hat den Geschäftsbereich Busse, insbesondere die Reisebus-Aktivitäten, fest im Griff. Eine positive Entwicklung ist, dass die Reisebusse von VDL von den europäischen Kunden zunehmend im öffentlichen Verkehr eingesetzt werden. Der Reisebusmarkt wird noch einige Jahre brauchen, um sich von den Folgen der Coronakrise zu erholen. Obwohl VDL heute schon den leichtesten Reisebus mit dem geringsten Verbrauch anbietet, steht auch die Entwicklung emissionsfreier Reisebusse auf dem Programm.
Da die öffentlichen Stellen als Konzessionsgeber oder Direktkunden ein strukturell flächendeckendes ÖV-Netz gewährleisten müssen und die Klimaziele nicht in Gefahr bringen wollen, treiben die ÖV-Unternehmen durch Einsatz neuer emissionsfreier Fahrzeuge die Ökologisierung des Fuhrparks weiter voran. VDL ist als Vorreiter auf dem Gebiet der Elektromobilität gut aufgestellt.
Die Pläne für die beschlossene Konzentration der Produktion elektrischer Stadtbusse in Valkenswaard und Roeselare nehmen allmählich Form an. Ebenso befinden sich die Vorbereitungen für die industrielle Produktion von Baugruppen einschließlich Leitungen für den Baukonzern Van Wijnen, die im ersten Quartal 2022 in Heerenveen anlaufen soll (jetzt noch VDL Bus Heerenveen, in Kürze VDL Smart Spaces), in vollem Gang. Im Fahrgestellbau machte die Umstellung auf mehr Montageaktivitäten bei Spezialfahrzeugen für Dritte weitere Fortschritte. VDL Bus Chassis in Eindhoven wurde in VDL Special Vehicles umbenannt.
Die neue Generation des VDL Citea, des elektrischen Stadtbusses von VDL Bus & Coach, wurde im Frühjahr vorgestellt. Dank der Kombination eines durchdachten Entwurfs mit maximaler Gewichtsreduktion, im Boden versenkten Akkus und optimierter Klimatechnik können die verschiedenen Typen von E-Bussen bei größerer Reichweite mehr Fahrgäste befördern. Die VDL Citeas der neuen Generation werden in Valkenswaard und in der neuen, CO2-neutralen Fabrik in Roeselare gebaut, für die im Herbst der erste Spatenstich fallen wird.
Mit über 900 Bussen, die in elf Länder geliefert wurden, ist VDL Bus & Coach im europäischen Markt gut aufgestellt. Durch den im Februar dieses Jahres erreichten Meilenstein von insgesamt 100 Millionen Fahrtkilometern der Elektrobusse konnten rund 15 Millionen Kilogramm CO2-Emissionen eingespart werden.
Fertigprodukte
Die VDL-Gesellschaften des Geschäftsbereichs Fertigprodukte erzielten im ersten Halbjahr 2021 einen Gesamtumsatz von 305 Millionen Euro gegenüber 232 Millionen im selben Vorjahreszeitraum. Dieser Anstieg um 28 Prozent ist eine Folge der Erholung der Marktnachfrage, die im Zuge der Coronakrise zurückgegangen war. Der Geschäftsbereich Fertigprodukte schloss das erste Halbjahr gewinnbringend ab.
Überbrückungsmaßnahme zur Sicherung der Beschäftigung (NOW)
Da VDL während der Coronakrise einen erheblichen Umsatzverlust erlitten hat, bestand Anspruch auf Unterstützung aufgrund der Überbrückungsmaßnahme zur Sicherung der Beschäftigung (Tijdelijke noodmaatregel overbrugging voor behoud van werkgelegenheid/NOW) in Höhe von 36 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2021. Diese Mittel, die von VDL auf 100 Prozent des Lohns aufgestockt wurden, ermöglichten die Lohnfortzahlung an die Mitarbeiter, die vorübergehend nicht oder nur teilweise arbeiten konnten. Wir haben beschlossen, die von den VDL-Konzerngesellschaften im ersten Quartal beantragten NOW-Mittel zurückzuzahlen, wenn sie (ohne diese Unterstützung) das erste Halbjahr gewinnbringend abschließen. Darüber hinaus haben wir für gewinnbringende VDL-Betriebe, die erhebliche Umsatzverluste hinnehmen mussten und somit für eine NOW-Unterstützung in Frage kamen, keinen Gebrauch von dieser Überbrückungsmaßnahme gemacht.
Aussichten
Seit den ersten Anfängen der Coronakrise ist klar, dass sich die Pandemie in der hochwertigen Produktionsindustrie auf die Verfügbarkeit dreier Faktoren auswirkt: Material, Mitarbeiter und Marktnachfrage. Um produzieren zu können, müssen diese drei Faktoren zu gleicher Zeit in ausreichendem Maße vorhanden sein. Voraussichtlich wird auch die zweite Jahreshälfte 2021 erhebliche Herausforderungen mit sich bringen, unter anderem im Zusammenhang mit unsteten Zulieferketten und insbesondere mit Lieferengpässen bei den Werkstoffen. Da das Volumen des Fahrzeugbaus hinter dem Stand von vor zwei Jahren zurückbleibt, ist eine Erholung auf das Umsatzniveau vor der Coronakrise noch nicht absehbar. Bezüglich der Rentabilität wird aber eine Annäherung an das Niveau von 2019 erwartet. Außer der Sicherung der Beschäftigung bleiben auch Investitionsprogramme in den Bereichen Innovation, Elektronik und Digitalisierung für die VDL Groep wichtig.